Donnerstag – Wir stecken auf Twitter den Rahmen ab
Blick vom Rathaus auf den Stuttgarter Marktplatz
@zeilentiger: Wird das nicht ein herrlicher Tag? Blick auf den Marktplatz von #Stuttgart.
@cafehaussitzer: @zeilentiger Kein Karneval, äh, keine Fasnet in Stuttgart?
@zeilentiger: @cafehaussitzer Karneval, Fasnet, Fasching – was war das nochmals? #Stuttgart
Freitag – Ein Exempel auf die Theorie
Auf einer ganz gewöhnlichen Straße an einem ganz gewöhnlichen Werktag laufe ich Darth Vader über den Weg. Ich glaube, er hat eben eine Schlacht gegen die Rebellen verloren, von imperialen Sturmtruppen nämlich keine Spur, seine eigene Rüstung besteht nur noch aus lebenserhaltender Helmmaske und rotem Laserschwert, und er stolpert mit seinen 1,20 m etwas orientierungslos neben seinem Vater her.
Ich wünsche ihm Siege, dem Kleinen.
Samstag – Definitionsleistung
„Prinzessin, nicht Fee“, korrigiert das kleine Mädchen einen älteren Herrn an der Stadtbahnhaltestelle. Fast entschuldigend mischt sich die nicht mehr so junge Mutter der Kleinen ein: „Die können heute auch schon fliegen, die Prinzessinnen.“
Kinder in Faschingsverkleidung fallen auf in der Stuttgarter Bahn. Selbst auf dem Weg in den Stadtteil Bad Cannstatt, wo die kleine Fee, pardon Prinzessin auf dem Weg zum Kinderfasching ist und auch sonst die Fasnachtsuhren wenigstens ein bisschen anders zu ticken scheinen, wie Cannstatt ja in so manchem „nicht Stuttgart“ ist. (Viele Einwohner nehmen der Landeshauptstadt immer noch den ‚Anschluss‘ von 1905 übel. Als Bewohner einer römischen Neckarsiedlung kann man über die flusslose, mittelalterliche Kesselstadt Stuttgart ja wirklich nur lachen, das ähm versteht auch ein Neigschmeckter wie ich natürlich ganz intuitiv.)
Die Bahn fährt ein, ich steige hinter Klein-Marielena und ihrer Mutter ein und schaue nochmals genauer hin: Glitzerröckchen, Schmetterlingsflügel, Feenstab, goldene Krone. Prinzessin, eindeutig … Die beiden jungen Frauen in der Bahn sehen das glasklar. „Ach, die ist auch süß, diese Fee. Prinzessin.“ Stirnrunzeln. „Engel.“
Sonntag – Noch mehr Definitionsleistung
In der spätnächtlichen S-Bahn in den Kessel hinein sitzt ein Häuflein Faschingsfreunde: grüne Insektenfühler auf dem Kopf, weiß-schwarz umschinkte Augen, die ganze Palette der Karnevalsmöglichkeiten eben. Ein Gleichaltriger setzt sich zu ihnen, ein alkoholgeschwängertes Gespräch entspinnt sich.
„Ey, nach Köln oder Bonn müsst ihr, hier im Süden geht doch nichts mit Fasching.“
„Hast du eine Ahnung. Warst du zur Fasnacht schon mal in Oberschwaben?“
„Ja klar, ich komme da her.“
„Und da soll nichts los sein? Wo aus Oberschwaben kommst du denn her, Mann?“
„Aus Vaihingen, da ist gar nichts los.“
Stuttgart-Vaihingen – das klärt natürlich einiges. München-Perlach liegt ja schließlich auch in den Alpen.
Montag, Dienstag – Versuch eines Ausblicks
Wie, und das war es schon? Diese schwachen Geschichtchen zur Fasnet? Ja. Tut mir leid. Während Teile der Republik im Rausch der fünften Jahreszeit brennen, bietet die Kesselstadt zum Thema halt nicht sehr viel mehr. Da werden auch Rosenmontag und Fastnachtsdienstag aller Stuttgarter Umzüge zum Trotz nichts ändern. Das höchste der Gefühle wird vielleicht am Dienstag der Anruf eines vor Jahren emeritierten Professors aus der Karnevalshochburg Trier sein. „Ach, Sie arbeiten heute auch?“, wird der gebürtige Berliner Preuße süffisant und weltzufrieden durchs Telefon quetschen. Ja, ich arbeite auch. Die Zeiten, als ich mir an Fasching eine Kochmütze überzog und mit einem Rührlöffel in der Hand bei den Nachbarn klingelte, um für ein paar Bonbons das Gedicht vom Mops aufzusagen, sind wirklich vorbei.