Fitness first!

Menschen, die den Aufzug in den zweiten Stock nehmen, um sich dort im Fitness Club auf das Laufband zu stellen.

*

Gespräch zwischen zwei losen Bekannten in der Umkleide.

„Ich habe heute eine Laufeinheit gemacht.“

„Laufen? Das ist gut, das ist echt wichtig.“

„Hm-hm.“

„Früher bin ich viel gelaufen, aber dann habe ich aufgehört damit und mach seither nur noch Krafttraining und seit ich 30 bin, habe ich ständig Gewichtsprobleme.“

„…“

„Wäre ich weiter gelaufen, wäre das nicht passiert. Hey, nur ein bisschen hätte da schon gereicht, halt so zwei-, dreimal die Woche.“

„…“

„Ich sag’s dir, mach du den Fehler echt nicht.“

„…“

„Ja, Mann, das war echt ein Fehler. Der größte Fehler meines Lebens! Wenn ich die Zeit nochmals zurückdrehen könnte, würde ich das anders machen.“

„…“

„Wirklich, das war einer von meinen drei größten Fehlern.“

„…“

„Mit dem Laufen aufhören ist der erste. Die beiden anderen sind Frauen.“

„…“

„Ja, boah, zwei Beziehungen hätte ich mir echt ersparen können.“

Ich spaziere aus der Umkleide und lasse den armen Teufel und sein Opfer zurück.

*

Die Nagellackträgerinnen in schicken Sportklamotten, die zuallererst einen Cappuccino bestellen, sich an der Theke mit ihrem iPhone gemütlich einrichten, einen langen, sehr langen Plausch mit ihrer Freundin halten und nicht aussehen, als würden sie heute noch mit einer nennenswerten Erhöhung ihrer Pulsfrequenz rechnen.

*

Die fettfreien arabischen Jungmännner mit Kriegerfrisuren, die sich in Unterhose unter die Gemeinschaftsduschen stellen.

*

Der Camusleser mit schütterem Haar und umschlungenen Handtuch, der an der Tür zur Saunaterrasse sofort wieder einen Rückzieher macht, als er sieht, dass da schon einer nackt liegt.

*

Am Ausgang das Plakat für den neuen Fitness-Ausdauer-Hit: „Freestyle schweißt zusammen“. Wollen wir das wirklich?

*

Wie viele Geschichten liegen dort noch ungeborgen?

26 Gedanken zu „Fitness first!

  1. Kringeliglachende Sonntagsgrüße. Muckibuden sind Horte des Surrealismus, nur die Protagonisten wissen dies nicht. Wie fein, daß es solche Beobachter und Inwortfasser wie Sie gibt. Herzlichst, Käthe.

  2. „Eyey Du bissoch Arzt oder? Und hier ick hab hier ne Creme, weeste, ne Creme für die Muskln so zum aufbauen, so zum draufschmieren und die war echt teuer, weeste, und….die wirkt nich. Da kommt nix. Und die war so teuer. Echt teuer! Und ich wollt mal fragn: Kann man die auch spritzen? So wie ich früher! Das hat immer gewirkt. Ich meine: Wirst das machen? Spritzen? Du bissochArztoder?“

    ich weiß nur noch, dass ich höflich blieb…..

  3. Ergänzung:
    In der Laufbandecke. Auf einem ein junger Mann mit übersichtlichem Äquator über dem Hoenbund, daneben eine schlanke junge Frau.

    Er: „Ich heiße Peter und Du?“

    Sie: „Ich nicht!“

  4. Ergänzung:
    In der Laufbandecke. Auf einem ein junger Mann mit übersichtlichem Äquator über dem Hosenbund, daneben eine schlanke junge Frau.

    Er: „Ich heiße Peter und Du?“

    Sie: „Ich nicht!“

  5. Wie in der Literatur so auch im Sport: Ambitionierte Amateure sind zu allem bereit!

    Ich arbeitete einst in einem Krankenhaus, in dem sich eine äußerst ehrgeizige Laufgruppe etabliert hatte, die Jahr für Jahr bei dem Berliner Marathon Zeugnis des Trainingsfleiß abgeben wollte. Mit Fanclub, Rasseln und Trommeln an der Strecke und solchem Kram. Als ich auf einer chirurgischen Station einmal an den Medikamentenkühlschrank gehen musste, fielen mir Unmengen von Erythropoetin auf, die dort gebunkert waren. Das ist ein körpereigenes Hormon, das dialysepflichtigen Nierenpatienten gespritzt wird, um den bei dieser Erkrankung erniedrigten Serumspiegel des Hormons auszugleichen. Es bewirkt ein Anheben des roten Blutfarbstoffes, des Sauerstoffträgers Hämoglobin. Gleichzeitig erlangte dieses ursprünglich für Nierenkranke hergestellte Präparat ja unter dem Namen EPO als Dopingmittel im Ausdauersport traurige Berühmtheit. Bei gesunden führt es zur überschießenden Hb/Erythrozytenbildung und zur Gefahr von Thrombosen. Der „Nutzen“ liegt in der vermehrten Sauerstoffreserve. So weit so schlecht….
    Ich fragte den Stationspfleger – selbstredend Mitglied der „Laufgruppe“ – nach dem Sinn solcher Mengen Epos auf einer chirurgischen Station. Die stotternde Antwort verhieß nichts Gutes, aber am nächsten Tag war das Epo woanders untergebracht. Abends sah ich dann wieder die „Laufgruppe“ auf dem Stadtring trainieren; die wippenden Stirnlampen sind mir seither Sinnbild des Dopings im ambitionierten Amateurbereich. Wahnsinn!

    • Ja, und in der Literatur –? Daß mal ein Bachmannpreisträger wegen Dopings disqualifiziert wird oder die Urinproben vorm Literaturnobelpreis nicht sauber sind, ja. Aber ist denn schon mal irgendein Verfasser von Regionalkrimis aufgeflogen? Poetry Slammer, Blogbetreiber? Ich kenne die Szene nicht besonders gut, aber ich glaube, die Preise sind einfach zu geringfügig für den Aufwand. Plagiatil(TM) kostet ja auch nicht nichts.

  6. Pingback: Was bleibt. Das Blogger-Jahr 2014 | danares.mag

Hinterlasse einen Kommentar