0711 ausgeworfen und eingeholt

Das menschliche Antlitz der Institution

Es wird einmal ein Museum sein im Stuttgarter Wilhelmspalais, dort, wo noch an der Außenfront in großen Lettern die alte „Stadtbücherei“ prangt und zur Zwischennutzung ein beliebter Partytreff war. Das Stadtmuseum Stuttgart wird ein Museum des 21. Jahrhunderts sein, mit Betulichkeit oder Selbstbeweihräucherung hat so etwas schon lange nichts mehr zu tun. „Wie wurde aus Stuttgart, was es heute ist? Was waren wichtige Impulse für die Entwicklung der Stadt?“ sind Fragen, denen sich das Museum stellen wird, aber auch und ganz wichtig: „Wie könnte die Zukunft der Stadt aussehen?“ Das Stadtmuseum als einer der Ort also, an denen Zukunft ausdiskutiert und erprobt werden darf.

Fundstück

Stuttgarter Fundstück

Da es bis zur geplanten Eröffnung 2017 noch ein wenig hin ist, lädt das Museum dorthin ein, wo uns seine Räume jetzt bereits offenstehen: in den virtuellen Raum. Online-Projekte wie etwa „Meine Stadt − Meine Geschichte“, ein bundesweites Kooperationsprojekt zur Migrationsgeschichte, findet sich dort genauso wie ein museumseigener Blog unter Verantwortung von Markus Speidel, „wissenschaftlicher Mitarbeiter, Baureferent, Ausstellungskoordinator, Social Media-Fuzzi und sonstiges Mädchen für alles“, wie er sich selbst vorstellt. Über den Blog können wir dem Team bei seiner alltäglichen Arbeit über die Schulter schauen und den Entstehungsprozess eines neuen Museums fast hautnah mitverfolgen. Eine klasse Idee und so etwas wie ein langer Teaser für die Eröffnung des Museums − sympathisch und bestechend persönlich umgesetzt.

Nun hat Markus ein sogenanntes Blogstöckchen als Regionalstöckchen in der 0711-Version ausgeworfen: An 0 Blogs von außerhalb Stuttgarts und 7 Blogs aus Stuttgart werden 11 Fragen gestellt.

Elf Fragen sollt ihr sein

1. Warum gibt es Deinen Blog? Ich schreibe gerne. Besonders gerne, wenn damit kein beruflicher Druck verbunden ist. Für einen solchen spielerischen Umgang kommt mir das Bloggen sehr entgegen. Der Weg zum eigenen Blog war allerdings ein langer. Vor zehn Jahren etwa, als ich ins Ausland ging, wusste ich noch nichts von der Existenz von Blogs und informierte Verwandte, Freunde und Bekannte über Rund-E-Mails mit Berichten aus meinem Gastland. Später, als ich Facebook nutzte, veröffentlichte ich dort unter anderem regelmäßig Rezensionen zu Büchern, Filmen, Cafés, Kulturveranstaltungen usw. Bis mir eines Tages jemand sagte: Schreib doch einen Blog, da ist das alles doch besser aufgehoben! Dazu kommt, dass ich noch nicht so sehr lange in Stuttgart wohne und mir mein Blog auch als Instrument zur Stadterschließung dient. „Zeilentiger liest Kesselleben“ gibt es nun ein knappes Jahr.

2. Welcher Deiner Blogbeiträge war am erfolgreichsten und was glaubst Du, woran das lag? Am erfolgreichsten im Sinne der Aufrufzahlen war Fitness first!, eine Sammlung alltäglicher Absurditäten, Beobachtungen also, die jeder Besucher eines Fitnessclubs machen kann. Das fand entsprechend Leser und ‚Aggregatoren‘ zur Weitergabe. Ein wirklicher Dauerbrenner hingegen ist Ein Stern im Süden – Zacke: „Das Bier aus Stuttgarts schönstem Flecken“ − einfach eine tolle Aktion von ein paar Leuten aus dem Lehen und ein Ergebnis, das schmeckt. Ein bisschen Kult. Die meisten Kommentare gab es zu Schmollmund und Tattoo im Markt am Vogelsang, wofür auch eine sprachliche Eigenheit verantwortlich sein mag, auf die die Gemütlichen Sitzsätze in ihrem 0711-Beitrag hinweisen.

3. Über was würdest Du nie schreiben? Fastfoodketten, Technik-Gimmicks, Verbrennungsmotoren? Aber man weiß ja nie …

4. Was wäre die bessere Bezeichnung für „Blogstöckchen“? Denkt man bei Blogstöckchen an den Staffelstab, der immer weitergegeben wird, kommt für 0711 doch eigentlich nur ein Wort in Frage: „Stäffele“. (Leser ohne Stuttgartkenntnisse könnten dazu das hier hilfreich finden.)

5. Was bedeutet Heimat für Dich? Die Frage kommt mir doch sehr bekannt vor. Richtig, in In einen Buchenstab geritzt, irgendetwas über Heimat habe ich erst kürzlich darauf Antwort gegeben.

6. Was hast Du, was das Stadtmuseum Stuttgart nicht hat und was es dringend bräuchte? Die Einladung zu meiner letzten „Fenster zum Hof“-Party? Meinen Blog als Beitrag zu den Stadtgeschichten? Nein, nein, an Stuttgart muss ich erst noch wachsen, bevor ich etwas Dringliches beisteuern kann. Womöglich könnte ich ja wenigstens meinen Arbeitgeber überzeugen, etwas aus unserem Verlagsarchiv beizusteuern.

7. Was muss ein Museum haben, damit Du reingehst? Interaktivität. Es muss im wörtlichen Sinne „begreifbar“ sein, möglichst viele Sinne ansprechen und den Besucher aktiv miteinbeziehen und zum Tun herausfordern − also als ein handelndes (und − homo ludens lässt grüßen − verspieltes) Subjekt ernst nehmen.

8. Welche Speise ist für Dich untrennbar mit Stuttgart verbunden? Die Semmeln pardon Weckle der Bäckerei Metzger in Heslach. Eine große Auswahl an Sorten und eine jede hat ihren eigenen und guten Geschmack. Das ist in Zeiten von Einheitsware und Backfabriken etwas Kostbares geworden.

9. Welcher Sound ist für Dich typisch Stuttgart? Lange überlegt und „im Ohr“ durch Stuttgart gewandert: kein spezieller Sound der Stadt. Also Musik. Das könnten die Tiger Shower Caps sein: eine Stuttgarter Band, die gar nicht nach Stuttgart klingt. Und trotzdem für mich sehr Stuttgart ist.

Liebeserklärung an Stuttgart?

Liebeserklärung an Stuttgart?

10. Welches Vorurteil über Stuttgart ärgert Dich am meisten? „Stuttgart ist hässlich.“ Alter Schwede. Zugegeben, früher dachte ich das selbst einmal. Seit ich hier wohne, sehe ich die Stadt mit ganz anderen Augen. Seien wir ehrlich: Ja, es gibt genügend Hässlichkeit in Stuttgart. Aber es gibt auch eine ganze Menge ganz und gar nicht Hässliches. Kürzlich kam ich von einer kleinen Reise zurück und wanderte nachts auf dem Heimweg durch zwei Bezirke und hörte mich plötzlich zärtlich sagen: „Bist du schön, Stuttgart.“ Die Liebe, sie reift … Daher freue mich auch jedesmal, wenn Besucher, mit denen ich die Stadt zu Fuß oder mit dem Rad erkunde, am Ende sagen: „Du wohnst aber in einer schönen Stadt.“ Geht doch.

11. Du hast drei Wünsche frei, welche sind das? Meine privaten Wünsche erzähle ich besser bei einem Bier, zum Thema Weltfrieden hat André Dietenberger ja schon alles gesagt und den bezahlbaren Wohnraum haben die Gemütlichen Satzsitze schon angesprochen. Was bleibt?

1. Stuttgart als lebensfrohes Experimentierfeld der Zukunft und dazu gehören (vermutlich) auch noch mehr Spielräume gesellschaftlicher Vernetzung, die die Menschen zusammenbringt und Grenzen zu überwinden hilft.

2. Mehr sonnige Außenplätze an Cafés und grünschattige Sitzräume. Das macht eine Stadt erst so richtig lebendig.

3. Dass die Ratzers noch lange ihr Schallplattencafé führen. Zugegeben, das war jetzt doch schon ein recht privater Wunsch.

Und die Stafette geht weiter

Vielleicht wollen Black Dots White Spots, die Reisemeisterei, Mojo from the Blog, Patrick Schneider und womöglich als „Externe“ auch bittemito (Frau Knobloch verzeihe das folgende pragmatische „du“ und betrachte die Fragen in der Vergangenheitsform) das „Stäffele“ aufgreifen (der Taxiblog Stuttgart scheint ja leider nicht mehr aktiv zu sein). Es ist auch geschrumpft auf sieben Fragen.

Die Regeln sind denkbar einfach: Verlinkt euren Artikel mit demjenigen, von dem ihr das Blogstöckchen habt und gebt im Kommentar Bescheid, wenn ihr fertig seid. Und wenn ihr Spaß daran habt, verfasst eure eigenen 0711-Fragen und gebt sie an eine von euch bestimmte Zahl an Bloggern weiter.

Was wird die Stadt der Zukunft bringen?

Was wird die Stadt der Zukunft bringen?

1. Was macht dich glücklich in Stuttgart?

2. Was stört dich an an der Stadt am meisten?

3. Und was verzeihst du ihr am bereitwilligsten?

4. Welche Farbe hat für dich Stuttgart?

5. Das Stuttgart der Zukunft − was braucht es unbedingt?

6. Welche andere Stadt muss es noch sein für dich?

7. Dein Geheimtipp zu Stuttgart?

 

12 Gedanken zu „0711 ausgeworfen und eingeholt

  1. Herr Zeilentiger, an mein für Stuttgart schlagendes Herz! Sie werden mir zwar Sehnsuchtswunden verpassen, wenn ich in die Vergangenheit abtauche und ich muß mir etwas Zeit ausbedingen, da ich ja wirklich zu meiner Schande vor dröfzig Jahren das letzte Mal im Kessel weilte, aber dieses Stäffele nehme ich gernst auf. Und viel Erfolg für die Stadtmuseanten, das ist eine famose Idee! Herzlichst, Käthe Knobloch.

  2. Pingback: Spezialstuttgartstäffele | bittemito

  3. Jetzt habe ich’s auch endlich gelesen. Wisst ihr was, ich würde unsere „Stäffele“ gerne zusammenfügen und am Stück lesbar machen, mit Verlinkungen zu den Blogs natürlich. Drehe am WE mal eine Runde, euch das genau vorzustellen (wenn ich’s auch selbst genau weiß, die Idee ist weniger als zwei Zeilen alt) und um eure „Freigabe“ zu erfragen. Rede nicht im Royalis Pluralis zu dir, werter Zeilentiger, aber evtl lesen einige der „0711 Blogs“ mit 😉

    Hier kommt dein Abschnitt: So toll! Der Lesespaß hat obige Idee entzündet. Witzig, dass auch du beim Stuttgarter Geräusch nach langem Überlegen zur Musik geswitcht bist. Mir sind nur die tapsschlufenden Geräsuche eines sehr alten Hundes eingefallen,d er immer vor usnerem Fenster Gassi geführt wurde. Seit ein paar Monaten ist es leider ein erloschenes Geräusch. Auch deine 7 neuen Fragen machen neugierig.Das Stäffele, es geht weiter 😉

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