Pizzaschnitten

Es ist spät geworden auf der Arbeit und ich gönne mir auf dem Heimweg eine Feierabendpizza. Ich gönne mir nicht, sie im Sitzen zu essen, und so spaziere ich nach Hause und stille meinen Hunger aus der offenen Schachtel. Ein Pizzaachtel in der Hand passiere ich Gassigeher, Barbesucher, Wartende an einer Bushaltestelle. Dann stehen vier leichte Mädchen auf dem Gehweg, sie blockieren den Bürgersteig auf ganzer Breite. Sie schauen mich an, sie schauen die Pizzaschachtel an, sie schauen die Pizza an. Und rühren kein Fußbreit. Ich setze schon zu einem Schlenker auf die Straße an, da machen sie im letzten Moment doch noch eine schmale Gasse frei. „Bringst du mir?“, fragt mich eine von ihnen und schaut sich die Pizza aus nächster Nähe noch ein wenig genauer an. Ich lache. „Leider nein“, sage ich und schlüpfe hindurch. Das Kichern der Vier bleibt hinter mir zurück, ich greife nach dem nächsten Pizzastück, Olivenöl und Artischockensaft an den Fingern. Und dann tun mir die Mädels leid. Da stehen sie aufgetakelt in der Kälte und warten darauf, abgeschleppt zu werden, und würden sich wahrscheinlich wirklich freuen, wenn ihnen irgendjemand einfach nur mal ein Stück Pizza brächte.

22 Gedanken zu „Pizzaschnitten

  1. Beim nächsten Mal kannst du ja zwei Pizzen kaufen und den Mädels eine überlassen 😛 Freuen würden sie sich bestimmt. Wer freut sich nicht über Pizza?

    Manchmal tun mir die Mädels auf meinem Weg zur Arbeit auch leid, wenn ich mit einem schönen heißen Kaffeebecher an ihnen vorbeigehe und genau weiß, dass die da schon ich-weiß-nicht-wie-lang in der Kälte stehen und auch noch ich-weiß-nicht-wieviel-länger da stehen werden 😦 Wenigstens ist direkt an der Straße ein kirchliches Sozialprojekt, ich hoffe, da können sie sich ab und zu ein bisschen aufwärmen.

    • Wohl wahr. Und wer sich nicht über Pizza freut? Manche Frauen mit strengem Diätplan. 🙂 Diesen Mädels da auf der Straße wäre ein Diätplan in dem Moment, glaube ich, schnurzegal gewesen.

  2. Ganz toll geschrieben. Wenige Worte und doch habe ich den Geruch und Geschmack der Pizza in der Nase bzw. auf der Zunge. Gleichzeitig dieses Gefühl, das man hat, wenn man in der Kälte steht.

  3. Wenn wir denn schon beim definieren sind, von mir auch eine Frage:
    „Leichte Mädchen“ sind nicht schwer zu verstehen. Was ich jedoch nie verstanden habe ist, warum sie Mädchen heißen, denn das sind sie ganz sicher und ganz und gar nicht (mehr).

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